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Soziale Absicherung bei Krankheit, Behinderung, Arbeitsunfall und Pflegebedürftigkeit

Die gesetzliche Krankenversicherung gibt es in Österreich seit 1889. Zirka 99,9 % (2022) der österreichischen Bevölkerung bzw rund 8,9 Mio Personen sind laut Dachverband der Sozialversicherungsträger* für den Fall einer Erkrankung durch die gesetzliche Krankenversicherung geschützt. Zum pflichtversicherten Personenkreis zählen unselbstständig Erwerbstätige nach dem ASVG, pragmatisierte Beamte und Beamtinnen nach dem B-KUVG, Gewerbetreibende nach dem GSVG, Bauern und Bäuerinnen nach dem BSVG, Bezieher:innen einer Pension nach dem ASVG, GSVG und BSVG, Bezieher:innen von Ruhe- oder Versorgungsgenüssen, Bezieher:innen von Leistungen aus der Arbeitslosen- oder Krankenversicherung sowie Asylwerber:innen.*

Auch Bezieher:innen einer Leistung aus der Mindestsicherung bzw Sozialhilfe sind in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen.*

Die Versicherten haben einerseits Anspruch auf Sachleistungen (zB ärztliche Hilfe, Spitalsbehandlung, Medikamente,* Heilbehelfe und Hilfsmittel* wie zB Brillen, Krücken, Rollstühle) und andererseits auf Geldleistungen (zB Krankengeld, Wochengeld). Nehmen nicht krankenversicherte Personen medizinische Leistungen in Anspruch, müssen sie für die Kosten selbst aufkommen.

Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt durch Beitragszahlungen der Versicherten und der Dienstgeber:innen. Die Krankenversicherungsbeiträge der unselbstständig Erwerbstätigen sind von den laufenden Bruttomonatsbezügen zwischen € 518,44 (Geringfügigkeitsgrenze 2024) und € 6.060 (Höchstbeitragsgrundlage 2024) zu leisten. Der Dienstnehmer:innen- und der Dienstgeber:innenanteil betragen bei Arbeiter:innen und Angestellten zusammen 7,65 %. Die Gesamtausgaben in allen Bereichen der gesetzlichen Krankenversicherung beliefen sich im Jahr 2022 auf € 23.063 Mio. Davon entfielen € 17.574 Mio bzw rund 76,2 % auf die Krankenversicherung nach dem ASVG.* Bei den Ausgaben der gesamten Krankenversicherung waren im Jahr 2022 folgende Posten die höchsten: Ausgaben für die Anstaltspflege (ohne Ambulanzaufwand; € 6.421 Mio), Ausgaben für ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen (€ 5.842 Mio) sowie Ausgaben für Heilmittel (€ 4.499 Mio).*

Das Leistungsangebot der Unfallversicherung umfasst ebenso wie jenes der Krankenversicherung Sach- und Geldleistungen. Es dient der Behandlung und Versorgung der Betroffenen von Arbeitsunfällen bzw Berufskrankheiten. Die Unfallversicherung nach dem ASVG erfasst unselbstständig Erwerbstätige, selbstständig Erwerbstätige, Schüler:innen und Studierende sowie sonstige im Schadensfall geschützte Personen. Auch Bauern und Bäuerinnen sowie pragmatisierte Beamte und Beamtinnen sind unfallversichert. Im Jahresdurchschnitt gab es 2022 6.739.667 Unfallversicherte.* Der Unfallversicherungsbeitrag für unselbstständig Erwerbstätige beträgt seit 1.1.2023 1,1 % von den laufenden Bruttomonatsbezügen. Der Beitrag ist von dem oder der Arbeitgeber:in zu tragen. Die Ausgaben betrugen im Jahr 2022 in der gesamten Unfallversicherung € 1.800 Mio. Davon wurden für Renten € 670 Mio und für die Unfallheilbehandlung € 529 Mio aufgewendet.*

Pflegebedürftige Personen haben bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, unabhängig von der Ursache der Pflegebedürftigkeit und unabhängig von der Höhe ihres Einkommens oder Vermögens, Anspruch auf Pflegegeld (siehe dieses Kapitel, Abschnitt 1.10). Die Finanzierung des Pflegegeldes erfolgt über allgemeine Steuermittel.

Als Leistungen bei Krankheit und Behinderung sind auch auf diese Tatbestände bezogene Begünstigungen im Steuerrecht und diverse Leistungen aus anderen Bereichen des Sozialrechts zu qualifizieren. Solche Leistungen sind zB die Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension der gesetzlichen Pensionsversicherung (siehe Kapitel V, Abschnitte 1.1.4.3 und 1.1.4.4), die erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder (siehe Kapitel I, Abschnitt 1.1) und der altersunabhängige Waisenpensionsanspruch für Kinder mit Behinderung nach dem ASVG und PG (siehe Kapitel V, Abschnitte 1.2.2 bzw 1.7.2). Auch im Arbeitsrecht finden sich zahlreiche Regelungen im Zusammenhang mit Krankheit und Behinderung, zB die Entgeltfortzahlung während eines Krankenstandes, die Pflegefreistellung, Arbeitnehmer:innenschutzbestimmungen und Regelungen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung.

Eine spezielle Sozialleistung für Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen aufgrund spezieller Umstände stellen die sogenannten Versorgungsleistungen des Bundes dar. Kriegsopfer, Opfer des Zweiten Weltkrieges, im Rahmen des Militärdienstes Beschädigte, Opfer von Verbrechen und Impfgeschädigte haben nach jeweils eigenen Bundesgesetzen Anspruch auf Renten, Beihilfen, orthopädische Versorgung bis hin zu umfangreichen Rehabilitationsmaßnahmen. Neben dem Versorgungsaspekt sind diese Leistungen stark vom Aspekt der sozialen Entschädigung geprägt, weshalb sie nicht diesem Kapitel, sondern dem 7. Kapitel „Ergänzende Sozialtransferleistungen“ zugeordnet wurden.